Die serielle Monogamie hat sich in unserer Kultur als ideale Lebensform durchgesetzt.
Jede Kultur bringt Menschen dazu, gewisse Dinge als richtig und natürlich und andere als falsch und unnatürlich zu sehen. Was aber richtig oder falsch, natürlich oder unnatürlich ist, variiert von Kultur zu Kultur. Heute hat in unserer westlichen Welt die kategorische Monogamie der seriellen Version Platz gemacht. Auch Frauen sind mehrere Partner erlaubt. Nur zu viele sollen es immer noch nicht sein. Die doppelte Moral gilt teilweise immer noch und dazu passt es, dass Frauen bei Angaben zur Anzahl ihrer Sexualpartner gerne untertreiben, während Männer gerne übertreiben.
Wie dem auch sei, scheint Monogamie für viele Menschen auch heute noch eine Grundbedingung für eine glückliche Beziehung zu sein. Gleichzeitig wirkt sie sich, wie wir gesehen haben, oft negativ auf das sexuelle Verlangen vor allem der Frauen aus. Der ganz normale Paar- und Familien-Alltag ist der sexuellen Spannung wenig zuträglich. Nähe und Intimität sind uns in einer Liebesbeziehung wichtig, gleichzeitig nährt sich die Erotik nicht nur daraus, sondern zu einem grossen Teil auch aus Distanz und Freiheit.
Diesem Dilemma ist nur schwer beizukommen, wie die bekannte Paartherapeutin Esther Perel aus ihrer jahrelangen Praxis weiss. Es erfordert Achtsamkeit und den Willen, eine Beziehung lebendig halten zu wollen. Aber viele Paare unternehmen wenig gegen jahrelange Langeweile im Schlafzimmer. Wird der Zustand unerträglich, kommt es zur Trennung. Die Scheidungszahlen zeugen von diesem Problem. Die Trennungsrate von Paaren, die nie verheiratet waren, aber in eheähnlicher Gemeinschaft gelebt haben, dürfte mindestens so hoch sein.
Dass es bei unserer langen Lebenserwartung schwierig, wenn nicht fast unmöglich ist, ein Leben lang in tiefer Liebe mit einer einzigen Person verbunden und ihr sexuell absolut treu zu sein, wird inzwischen allgemein akzeptiert. Ewige Liebe und lebenslange Treue zu einer einzigen Person können zwar vorkommen, aber sie sind eher die Ausnahme als die Regel. Wir Menschen haben nun mal keine monogame Vergangenheit. Von den 300'000 Jahren seit dem Auftreten des Homo sapiens, war Monogamie nur in den letzten 5'000 Jahren ein Thema. Dennoch ist Monogamie – wenigstens in ihrer seriellen Form – immer noch beliebt. Was vor allem daran liegen könnte, dass noch keine anderen Modelle gefunden worden sind, die für eine Mehrheit der Menschen besser funktionieren.
NF
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